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Oldenburg Aktuell

    Wohin mit Kind und Kegel?

    Wohnungsbau in Oldenburg –
    eine Grätsche zwischen Recht und Moral?

                                         Interview mit Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann

FAM: Herr Krogmann, über zwei            ternburg werden ab 2019 ebenfalls in    Jahr realisieren lässt, nicht vollständig
Jahrzehnte hinweg hatte die Stadt        zwei Bauabschnitten etwa 350 Wohn­      verzichten. Zugleich muss dies auf
Oldenburg das Thema Wohnungsbau          einheiten, vorwiegend Einfamilien- und  eine verantwortbare Art und Weise
komplett aus den Augen verloren.         Doppelhäuser, entstehen, in Eversten    geschehen. Das ist für die Stadt eine
Gleichzeitig wurden und werden           am Ziegelweg etwa 50 weitere. Im        riesige Herausforderung, an der wir
kräftig ansteigende Einwohnerzahlen      Oldenburger Weißenmoor sind wir         mit Hochdruck arbeiten! Wir wissen,
und eine entsprechende Nachfrage         derzeit mit den Rahmenplanungen         dass dies einigen Oldenburgern nicht
an Wohnraum, sowohl im Stadtring         befasst und die Realisierung wird vo­   schnell genug geht, aber wir können
als auch in Randlagen, verzeichnet.      raussichtlich noch einige Jahre in An­  derzeit personell einfach nicht mehr
Sie haben mit Ihrer Amtsübernahme        spruch nehmen. Zunächst werden hier     leisten! Der Bauausschuss überarbei­
im Jahre 2014 die Wohnraumfrage          die Planungen für das Landschafts­      tet aktuell 30 alte Bebauungspläne
zur Chefsache erklärt. Wie begegnen      schutzgebiet auf den Weg gebracht.      für den Innenbereich der Stadt, die
Sie dem entstandenen „Missstand“?        FAM: Dennoch – die Flächen rei­         noch eine mehrgeschossige Bebauung
Jürgen Krogmann: Wir arbeiten mit        chen hinten und vorne nicht …           zulassen. Solche Bebauungsplanän­
Hochdruck an möglichen Lösungen und      Jürgen Krogmann: Ja. Grundsätzlich      derungen sind jedoch kein einfaches
sind diesbezüglich mitten im Prozess.    haben wir aufgrund des enormen          rechtliches Unterfangen, denn mit Sen­
Die Stadt hat ein eigenes Wohn­          Zuzugs in Oldenburg einfach zu          kung der möglichen Geschosshöhen
raumförderprogramm auf den Weg           wenige Grundstücke für weiteren         sinkt zum Beispiel auch der mögliche
gebracht. Wer bezahlbare Wohnungen       Wohnungsbau und landwirtschaftli­       Gewinn für die Verkäufer der Grund­
baut, kann hierfür entsprechende         che Flächen sind für die Landwirte      stücke. Personell muss also einerseits
Zuschüsse erhalten. Zugleich müssen      so wertvoll, dass sie nicht abgegeben   an bestimmten Plätzen in Oldenburg
Investoren, die Bebauungspläne von       werden. Wir haben also gar keine        Bauen vertraglich gestaltet werden,
der Stadt erhalten wollen, eine gewis­   Wahl. Für neuen Wohnraum müssen         was enorm viel Arbeit macht, zugleich
se Quote an bezahlbarem Wohnraum         wir – da wo es verträglich ist – auf    sind viele Mitarbeiterinnen und Mit­
garantieren. Bei den Grundstücken,       mehrgeschossige Bauten setzen.          arbeiter intensiv mit den Planungen
die durch die Stadt Oldenburg selbst                                             für die neuen Baugebiete beschäftigt.
erschlossen und vergeben werden,         Herausforderung                         FAM: Dann gibt es derzeit also noch
liegt diese Quote bei bis zu 60 %!       Binnenverdichtung                       Schlupflöcher/Graubereiche, von
FAM: Welche Planungsprozesse                                                     denen rein wirtschaftlich denken­
wurden im Außenbereich der Stadt         FAM: Die Binnenverdichtung, also        de Investoren und Erbengemein­
angeschoben und welche Wohnstruk­        die Errichtung mehrgeschossiger         schaften ohne Rücksicht auf das
turen sind dort jeweils geplant?         Bauten auf freiwerdenden großen         Umfeld satt profitieren können?
Jürgen Krogmann: Auf dem Flieger­        Grundstücken in gewachsenen Ein­        Müssen alteingesessene Einfamili­
horstgelände werden ab 2019 ca.          familienhausgebieten, bereitet vie­     enhausbesitzer mit hohen Mauern
1.000 Wohneinheiten entstehen, insbe­    len alteingesessenen Oldenburger        neben Wohnzimmerfenstern und
sondere mit dem Schwerpunkt „Be­         Hausbesitzern Bauchschmerzen …          Schatten im Gemüsegarten rech­
zahlbarer Wohnraum“. Uns ist jedoch      Jürgen Krogmann: Wir nehmen diese       nen, wenn die Erbengemeinschaft
zugleich sehr wichtig, dort wie auch in  Sorgen ernst, aber wir können auf       das Nachbargrundstück verkauft?
den anderen neu entstehenden Wohn­       eine Binnenverdichtung, durch die       Jürgen Krogmann: Ich denke, wir
gebieten eine gemischte Sozial­struktur  sich mehrere 100 Wohneinheiten pro      werden die größten Auswüchse, etwa
zu etablieren. Am Bahndamm in Os­                                                viergeschossige Bauten in unmittelba­
                                                                                 rer Nähe von Einfamilienhäusern, ver­

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